Textilakademie NRW nimmt Arbeit auf


Der in Münster ansässige Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie hat mit der Textilakademie NRW Neuland in der beruflichen Bildung betreten. Gemeinsam mit seinem rheinischen Schwesterverband aus Wuppertal hat der Verband in Mönchengladbach für rund 20 Millio-nen Euro eine eigene Berufsschule für die Branche gebaut. Die Textilakademie NRW hat ihren Sitz auf dem Campus der Hochschule Niederrhein direkt neben dem Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik. Mit Beginn dieses Schuljahres hat sie nun mit über 160 Berufsschülern ihre Arbeit aufgenommen.

„Wir hatten zwei Probleme: Einerseits ist die Branche so klein, dass in den staatlichen Berufsschulen so gut wie kein textilspezifischer Fachunterreicht mehr angeboten werden kann. Andererseits sind die Anforderungen in diesem Bereich immer mehr gestiegen, weil die Textilindustrie sich zu einer High-Tech-Branche gewandelt hat“, beschrieb Verbandspräsident Dr. Wilfried Holtgrave das Dilemma der Branche. Man habe sich daher entschlossen, die schulische Berufsausbildung für die insgesamt knapp 400 Mitgliedsunternehmen zwischen Köln und Kiel selbst in die Hand zu nehmen.

Durch branchenspezifisch ausgebildete Fachlehrer und durch die enge Kooperation mit der in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden Hochschule Niederrhein erhoffen sich die Verbände einen Quantensprung bei der Qualität der schulischen Berufsausbildung – gerade auch im Praxisunterricht. Der Berufsschulunterricht findet als Blockunterricht statt, während der Woche werden die Schülerinnen und Schüler kostengünstig in Mönchengladbach untergebracht, sofern sie nicht pendeln können oder wollen. „Wir wissen, dass wir den Unternehmen und vor allem den Auszubildenden einiges zumuten, weil die Wege nach Mönchengladbach zum Teil weit sind, aber die höhere Qualität der Berufsschulausbildung an einer überschaubaren, hochmodernen Schule macht das mehr als wett“, so Holtgrave.

In der Tat genügt die Schule höchsten Ansprüchen. Unter der spektakulären Textilfassade verbirgt sich eine Schule, in der es keine Wandtafeln mehr gibt. Die Textilakademie setzt auf Digitalisierung. Jedem Schüler wird ein Tablet zur Verfügung gestellt, Beamer und Smartboards ersetzen Kreide und Tafel. „Zugleich haben wir kompetente und hochmotivierte Lehrer gefunden, die sich aufgrund der vergleichsweise geringen Größe der Schule sehr viel individueller und persönlicher um die Schüler kümmern können“, sagte Holtgrave.

Die Akademie wird zusammen mit der Hochschule Niederrhein umfangreiche Weiterbildungsange-bote bis hin zu einem dualen Studium anbieten und die im Bereich der Textil- und Bekleidungstech-nik europaweit einmalige Maschinen- und Laborausstattung der Hochschule nutzen. Akademie und Hochschule sollen dabei gemeinsam auf einem Campus zahlreiche Formen der Interaktion zwischen Auszubildenden, Studierenden, Lehrenden und Gästen beider Institutionen ermöglichen. Gerade das breite Spektrum der Bildungsabschlüsse sowie die Durchlässigkeit zwischen den Abschlüssen sind in dieser Form bundesweit einmalig. Sieben Ausbildungsberufe – Maschinen- und Anlagenführer Textiltechnik und -veredlung, Produktgestalter Textil, Produktionsmechaniker Textil, Produktprüfer Textil, Produktveredler Textil und Textillaborant Textil – werden gelehrt. Um das textile Ensemble aus Textiltechnikum, Aus- und Weiterbildungsakademie und Hochschule noch um den Bereich der angewandten Forschung zu erweitern, soll außerdem ein Fraunhofer-Institut für Textil- und Bekleidungslogistik angesiedelt werden.